"Schon vor dem Siegeszug des Mobiltelefons konnte man überall erreichbar sein"
Eurosignal-Empfänger - Europäischer Funkrufdienst (EuFuRD)
'Eurosignal' war ein von den Fernmeldeverwaltungen der seinerzeit neun EU-Mitgliedstaaten gemeinsam initiierter unidirektionaler Personenrufdienst, der auch über die Ländergrenzen hinweg funktionieren sollte. Leider teilten später nicht alle Länder die anfängliche Euphorie, so erfolgte die Inbetriebnahme der geplanten Senderkette nur abschnittweise und in vielen EU-Staaten gar nicht. Deutschland startete im April 1974, Frankreich im Dezember 1975 und die Schweiz im September 1985.
Es wurde ein Gleichwellennetz mit den folgenden UKW-Frequenzen betrieben:
Kanal A: 87,340 MHz (wurde in Deutschland [Region Mitte + Hamburg] und in Frankreich genutzt)
Kanal B: 87,365
MHz (wurde in Deutschland
[Regionen Nord und Süd] und in
Frankreich genutzt)
Kanal C: 87,390 MHz (wurde ausschließlich in Frankreich genutzt)
Kanal D: 87,415
MHz (wurde in der Schweiz und in
Frankreich genutzt)
Im UKW-Bereich wird zumeist die Frequenzmodulation verwendet. Bei Mehrwegeempfang in einem Gleichwellennetz können mit dieser Modulationsart -abhängig von der Entfernung zum Sender- zunehmend Phasenfehler auftreten, welche die Sicherheit der Auswertung beeinträchtigen. Um diese dennoch sicherstellen zu können, entschied man sich für eine Amplitudenmodulation mit verhältnismäßig hohem (90%) Modulationsgrad. Nun konnte man auch mit höherer Sendeleistung arbeiten und somit zugleich die Zahl der Sender begrenzen. Dies gestaltete sich später aber als eher unglücklich, denn aufgrund zunehmender Anwohnerbeschwerden, die sich meist auf Rundfunkstörungen in direkter Nähe von innerstädtischen Füllsendern bezogen, mussten später zahlreiche davon in der Sendeleistung reduziert oder gar auf Frequenzmodulation umkonfiguriert werden. Für die Eurosignal-Empfänger war das unproblematisch. Sie arbeiteten mit Flankendemodulatoren, die mit beiden Modulationsarten zurechtkommen konnten.
Der Modulationsinhalt bestand aus sechs verschiedenen, seriell übertragenen Tönen. Die 17 möglichen Tonfrequenzen lagen zwischen 313,3 Hz und 1153,1 Hz. Bei zwei gleichen Ziffern hintereinander wurde statt dessen der Wiederholungscode (1062,9 Hz) gesendet. Fünf Frequenzen wurden für Erweiterungszwecke vorgehalten. Während der Rufpausen wurde die 'Freizeichenfrequenz' (1153,1 Hz) im Dauerstrich gesendet.
Die flächendeckende Versorgung wurde in Deutschland erst 1988 sichergestellt. Der Endausbau umfasste knapp 70 Sender, die an sorgfältig ausgesuchten Standorten aufgestellt wurden. Je nach ihrer Position waren sie mit Sendeleistungen von 2 Kilowatt (Grundsender) bzw. 10 bis 100 Watt (Füllsender, die phasensynchron mit der restlichen Senderkette arbeiten mussten) bemessen. Die Sendefrequenzen lagen dicht unter dem Bereich des UKW-Rundfunkbandes. Viele der damals noch ohne eine PLL arbeitenden Radiogeräte konnten die Signale bei entsprechender Abstimmung erfassen. So waren die typischen Sechs-Ton-Folgen innerhalb der längeren Pausensequenzen stets zu hören. Die seinerzeit im Volksmund verwendete Bezeichnung "Europieper" bezog sich aber weniger auf diese Tonfolgen. Sie rührte eher daher, dass ein Eurosignal-Empfänger bei einer Signalisierung stets einen aggressiven Piepton von sich gab.
Die Aktivierung des Empfängers erfolgte ausschließlich über das Telefon. Je nach vereinbartem Vertrag bekam ein Teilnehmer bis zu vier der 6-stelligen Nummernblöcke zugeteilt. Die Bedeutung der Signalisierung war frei wählbar, sie musste natürlich mit dem Träger des Empfängers abgesprochen sein. In den Anfängen wurde ein Ruf noch in allen der u.s. drei Regionen gemeinsam ausgestrahlt, denn die Teilnehmerzahl war überschaubar. Nach 1982 sollte man jedoch in etwa wissen, wo sich der Empfänger in Deutschland befindet. Hinzu kam, dass dieser stets auf den richtigen Regionskanal (s.o.) eingestellt werden musste. War dies trotz optischer und akustischer Warnung nicht der Fall, so konnte ein Ruf durchaus im 'Nirwana' verschwinden.
Hierzulande gab es diese drei Regionen, allerdings mit großzügigen Überlappungsbereichen:
Nord (mit der Regionsvorwahl: 0509)
Mitte (mit der Regionsvorwahl: 0279) Anm.: Das Stadtgebiet Hamburg wurde der Region Mitte zugeordnetSüd (mit der Regionsvorwahl: 0709)
Nach Eingabe der o.g. Vorwahl erreichte man die zugehörige (automatisch betriebene) Eurosignal-Zentrale, die sich in den Anfangsjahren mit "Eurosignal Siegen", später mit "Eurosignal" (plus der zuvor gewählten Region) meldete. Bei Unregelmäßigkeiten erfolgte im Anschluss die Ansage: "Funkruf gestört" oder "Funkruf teilgestört" (z.B. beim Ausfall nur eines Senders). Gab es keine oder nur eine teilweise Störung, konnte nun die Wahl einer der vier zugeteilten Nummernblöcke erfolgen. Diese waren unveränderbar und exklusiv, daher wurden sie i.d.R. streng vertraulich behandelt. Die anschließend von der Zentrale erzeugte Tonfrequenzfolge aktivierte im zugehörigen Eurosignal-Empfänger die passende Leuchtdiode bzw. das Äquivalent beim LCD-Display. Zum Schluss meldete die Zentrale dem Absender verbal die erfolgreiche Aussendung oder eben: "Kein Anschluss unter dieser Nummer".
Die Bedeutung des Aufleuchtens einer der vier Leuchtdioden konnte z.B. bedeuten:
Piepton + LED A leuchtet: "Bitte bei Gelegenheit im Büro anrufen"
Piepton + LED B leuchtet: "Bitte bei Gelegenheit zu Hause anrufen"
Piepton + LED C leuchtet: "Bitte sofort nach Hause kommen"
Piepton + LED D leuchtet: "Bitte bei Gelegenheit bei . . . anrufen"
Die portablen Geräte, von der Größe einer verlängerten Zigarettenschachtel, konnten lediglich empfangen, den Empfang aber nicht bestätigen, denn sie hatten keinen Sender. Je nach Auslastung der Zentrale wurde daher die Übertragungssicherheit durch eine zeitnahe bis zu 5-fache Aussendung des selben Nummernblocks sichergestellt. Nach einem Empfang musste für detailliertere Informationen fast immer über das nächste erreichbare Telefon zurückgerufen werden.
Prinzipiell funktionierte das System zum Schluss recht gut. Trotzdem kann dieses rückblickend nur als eine Art 'Brückentechnologie' gesehen werden, denn schließlich wurde der Eurosignal-Betrieb in Deutschland Ende März 1998, in Frankreich und in der Schweiz hingegen schon Ende Dezember 1997 eingestellt. In den besten Zeiten gab es allein in Deutschland weit mehr als 110.000 Nutzer. Zurück blieben jetzt noch etwa 90.000, die sich nach rund 25-jähriger Betriebszeit nun anderweitig orientieren mussten. Die Deutsche Bundespost hatte aber schon seit längerer Zeit für Alternativen gesorgt.
Im europäischen Raum gab es gleich eine ganze Reihe von Elektronikherstellern, die einen Eurosignal-Empfänger im Angebot hatten, wobei man nicht immer vom Label auf den ursprünglichen Hersteller schließen konnte. Das Foto zeigt zwei der wohl bekanntesten Vertreter. Aus den Anfängen sieht man oben das TeKaDe-Gerät E12-2 mit LED-Anzeige (vier LED + eine LED für die Empfangskontrolle), welches ab 1974 in Frankreich als Thomson 'TMF900-R2' produziert wurde. Darunter sieht man das 8 Jahre später von Storno (Dänemark) hergestellte Gerät Grundig-FU20, hier schon mit einem kleinen LCD-Display. Gut verkauft wurde ab 1982 auch das (hier nicht gezeigte) Bosch-Gerät FRE3, welches eigentlich von TeKaDe produziert wurde.
Wenngleich für ganz Europa konzipiert, so beteiligten sich letztenendes nur die drei o.g. Staaten an diesem System. Nicht zuletzt dieser Umstand trieb vor allem die Kosten für einen Empfänger in die Höhe. Tatsächlich musste man bei der Anschaffung, selbst für das günstigste Gerät, mehr als 1.600.- DM bezahlen. Das war in den 1970er Jahren eine enorm hohe Summe. Die Kosten für ein B-Netz-Autotelefon beliefen sich im gleichen Zeitraum allerdings auf mehr als 15.000.- DM. Gemessen an einem Autotelefon gab es den Eurosignal-Empfänger also beinahe zum "Schnäppchenpreis". Die Gesamtkosten waren bei Vollausnutzung trotzdem recht hoch, denn neben der monatlichen Grundgebühr von 50.- DM (+ 30.- DM für den ersten Nummernblock) verlangte man für jeden weiteren Nummerblock 20.- DM. Als die Gebühren schließlich um 1990 spürbar gesenkt wurden, war 'Eurosignal' in den Köpfen der Verantwortlichen längst todgeweiht. Das in allen Punkten weit günstigere Nachfolgesystem 'Cityruf' stand bereits in den Startlöchern.
Alarmierungs- und Benachrichtigungsdienste Cityruf - e*Cityruf - e*Message
'Cityruf' war ein im März 1989 von der Deutschen Bundespost eingeführter unidirektionaler Personenrufdienst. Damit sollten vorrangig die zahlreichen Schwachstellen des inzwischen eher ungeliebten Eurosignal-Systems überwunden werden. Auch waren die kleinen Empfangsgeräte (die man "Pager" nennt), mit ihrem Einstandspreis von maximal 300.- DM, deutlich günstiger zu haben, als ein Eurosignal-Empfänger. Zudem erlaubten komfortablere Typen, mittels eines integrierten mehrzeiligen LCD-Displays, bereits die Zeichendarstellung für Kurznachrichten.
Ende 1999 übernahm die Firma 'e*Message Wireless Information Services GmbH' (Berlin) alle Funkrufdienste von der im Jahre 1992 aus der 'Deutschen Bundespost/Telekom' hervorgegangenen 'DeTeMobil'. Im Portfolio befand sich nun auch 'Cityruf'. Die neue Betreiberfirma verschlankte zunächst das Geflecht der zahlreichen Messanger-Dienste und baute die zwei verbliebenen zu den nationalen Sicherheitsfunknetzen e*Cityruf und e*Message aus.
Man kann also sagen: Der Betrieb von 'Cityruf' wurde im Jahre 1989 aufgenommen und er existiert im Wesentlichen, wenn auch unter geänderten Vorzeichen und in einigen Punkten verbessert, bis heute.
Für den Betrieb wurden folgende Frequenzen im UHF-Bereich zugeteilt:
e*Message 448,425 MHz (für öffentliche Institutionen, insbesondere für Rettungsdienste)
e*Cityruf 465,970 MHz (für Privatkunden)
e*Cityruf
466,075 MHz (für Privatkunden)Um den Frequenzbedarf zu reduzieren, wird die jeweilige Senderkette in einem Gleichwellennetz betrieben, welches mit einer hochstabilen Referenzfrequenz (5 MHz bzw. 10 MHz) synchronisiert wird. Um Interferenzstörungen zu vermeiden, darf der erlaubte Frequenzversatz zwischen den Sendern in einem Gleichwellennetz nur maximal 2,5 Hz betragen. Eine Referenzfrequenz kann aber überall in Deutschland generiert werden. Das kann z.B. durch die Aufbereitung des GPS-Signals oder dem permanenten Empfang der Sekundenpulse des Zeitzeichensenders DCF77 geschehen. Die heute zu diesem Zweck verwendeten 'sekundären' Frequenzstandards erreichen sogar noch eine wesentlich höhere, als die verlangte Frequenzkonstanz. Sie bewegt sich nicht selten in einem Toleranzbereich von 10-11, was z.B. bei einer angenommenen Frequenz von 100 GHz einer Abweichung von nur etwa 1 Hz gleichkommt. Bei einer Uhr würde man von einer Gangabweichung von 1 Sekunde in rund 3.000 Jahren sprechen.
[Zum Vergleich: Eine handelsübliche Quarzuhr, sofern diese nicht mindestens einmal am Tag per Funk mit dem Zeitzeichensender DCF77 synchronisiert wird, hat z.B. eine Toleranz, die im Bereich von etwa 10-5 liegt. Das entspricht einer Gangabweichung von rund 1 Sekunde am Tag.]
Die Modulation erfolgt mittels Frequenzumtastung, nach dem um 1981 in Großbritannien speziell für Funkrufdienste entwickelten POCSAC-Standard. Dabei entspricht die um 4,5 kHz nach unten verschobene Trägerfrequenz der binären 1, die um 4,5 kHz nach oben verschobene Trägerfrequenz der binären 0. Die Bandbreite beträgt 25 kHz. Es gibt deutschlandweit etwa 800 Sender, die mit je einer Leistung zwischen 50 Watt und 100 Watt bemessen sind. Mit nahezu 100% gilt die Netzabdeckung als hervorragend und ist z.B. derjenigen für die Mobiltelefonie weit überlegen. Die Wiederherstellung der Nachrichten macht auch innerhalb eines Gebäudes kaum Probleme, selbst wenn man sich in einem Gebäudeteil mit schlechten Empfangsbedingungen befindet. Dieselbe Nachricht wird ja von der gesamten Kette abgestrahlt und häufig kann mehr als nur ein Sender empfangen werden. Es gibt sogar 'intelligente' Pager, die in der Lage sind, verstümmelte Nachrichten mehrerer Sender zu erkennen und daraus eine einzige korrekte Nachricht zusammenzusetzen.
[Anmerkung: Wenn eine verstümmelte Nachricht mehrfach erheblich zeitversetzt eintrifft, was in Übergangsgebieten zuweilen passieren kann, so kann dies bei einfachen Pagern in seltenen Fällen auch mehrere verstümmelte Nachrichtenausgaben nach sich ziehen.]
Dessen ungeachtet, arbeitet das System extrem zuverlässig und gerade dies gibt ihm bis heute seine Daseinsberechtigung. So ist es besonders von Interesse für Berufskraftfahrer, Servicetechniker oder Rettungsdienste, wie z.B. die Feuerwehren oder das THW. Die Aussendung erfolgt nahezu in Echtzeit, ist jedoch unverschlüsselt. Daher sind immer auch die Aspekte des Datenschutzes zu beachten. Eine Nachricht kann entweder deutschlandweit oder nur für bestimmte Regionen ausgestrahlt werden. (Deutschland verfügt derzeit über 16 Rufzonen).
Das nebenstehende Foto zeigt die Cityruf-Pager vom Typ AN5 (mit alphanumerischer Darstellung) und das Vorgängermodell AN4. Beide Geräte wurden noch von 'DeTeMobil' vertrieben.
Eine Signalisierung kann über das normale Telefon, eine Email, die Homepage von e*Cityruf oder dessem persönlichen Operator-Service generiert werden. Es kann entweder ein einzelnes Gerät oder eine Gruppe mit maximal 200 Geräten angesprochen werden. Bei der Nutzung eines Wählscheibentelefons ist aber nur der Signalton aktivierbar. Wurde die Übermittlung der Rufnummer nicht gesperrt, so ist darüberhinaus auch deren Anzeige möglich. Inzwischen gibt es Pager-Modelle mit erweiterten Anzeigemöglichkeiten. Viele Tastentelefone und alle anderen Zugangsverfahren erlauben auch die Eingabe von Kurznachrichten mit alphanumerischer Zeichendarstellung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die LCD-Displays der kleinen Geräte nur über vier Zeilen verfügen. Auch können sie nur empfangen; Antworten (also Senden) ist nicht möglich. Damit wird allerdings auch eine eventuelle Ortung ausgeschlossen.
Verschiedene Empfangsgeräte für die beiden o.g. Systeme sowie anderer Personenrufsysteme, können wir unserem Publikum in den Vitrinen der Dauerausstellung zeigen.