Die Faksimile-Technik    (FAX)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 "Schon viele Jahre vor dem ersten Telefon gab es die Bildübertragung"

Fax, als einprägsames Kürzel für Faksimile (lat.: facere simile/es ähnlich machen), bezeichnet eine Möglich-keit, Kopien von Schriftstücken, Zeichnungen und Fotos mittels einer elektrischen Verbindung über eine lange Strecke zu übertragen. Als 1861 das erste Telefon vorgestellt wurde, war eine (allerdings noch sehr unvollkommene) Faxtechnik bereits seit nahezu 15 Jahren in Gebrauch.

1843 gelang es erstmals dem schottischen Uhrmacher Alexander Bain (*1811 †1877), eigene Zeichnungen mittels eines an einem Uhrwerk montierten Pendels abzutasten und auf elektrischem Wege zu übertragen. Auch wenn er für seine Erfindung ein Patent erhielt, es waren noch viele Probleme zu lösen. So kamen seine Experimente nie über ein Versuchsstadium hinaus. Man kann ihn jedoch als legitimen Wegbereiter aller späteren technischen Innovationen sehen.

 

1847 wurde das Bain'sche Gerät vom britischen Physiker Frederik Collier Bakewell (*1800 †1869) weiter-entwickelt und anlässlich der ersten Weltausstellung, die 1851 in London stattfand, als "Kopiertelegraph" vorgestellt. Er spannte ein mit nichtleitender Firnis auf Zinnfolie gezeichnetes Bild auf eine rotierende Walze, wo es mittels eines mit einer kleinen positiven Spannung aus einer Batterie versorgten Schleifkontaktes abgetastet wurde. Solange dieser die mit dem Minuspol verbundene Folie berührte war die Spannung kurzgeschlossen. Berührte der Kontakt jedoch die Firnis, so wurde dieser Kurzschluss kurzzeitig aufgehoben und es entstand eine Spannung, die zum Empfänger übertragen wurde. Dort wurde mit Kaliumferricyanid behandeltes Papier auf einen gleichfalls rotierenden Metallzylinder gespannt. Ein angespitzter Metallstift übertrug die positive Spannung über das Papier auf den Zylinder. Die Elektrolyse sorgte an diesen Stellen des Papiers für dessen dunkelblaue Einfärbung. Größtes Problem seiner Konstruktion war der mangelhafte Gleichlauf der Uhrwerke von Sender und Empfänger. So blieb ihm die kommerzielle Nutzung versagt.   

 

1855 erzeugte der italienische Priester und Physiker Giovanni Caselli (*1815 †1891) die Bildinformationen erstmals zeilenweise und übertrug diese über vorhandene Telegrafenleitungen. Er verwendete beim Empfänger ein ähnliches elektrochemisches Verfahren wie sein Vorgänger, jedoch für den erforderlichen temporären Gleichlauf beim Sender und beim Empfänger jeweils ein 2m! hohes Pendel, welches über Magnetspulen von einer für damalige Verhältnisse sehr präzisen Mutteruhr angeregt wurde. Er nannte sein Gerät “Pantelegraph“. Vor allem in Frankreich wurde dieser später auch kommerziell eingesetzt, denn das System funktionierte auch über sehr weite Strecken. Einige Originalexemplare blieben erhalten und man findet sie heute in Museen.

 

1904 gelang dem deutschen Physiker Arthur Korn (*1870 †1945), nach Versuchen mit anderen Verfahren, die ihn aber nicht zufriedenstellten, erstmals die fotoelektrische Abtastung mittels zeilenweiser Durchleuchtung der Vorlage. Die von einer Selenzelle erzeugten Spannungswerte konnten nun auf einer modulierten Trägerfrequenz via Telefonleitung oder über eine Funkstrecke übertragen werden. Auf der Empfängerseite wurde eine Lichtquelle mit den demodulierten Signalen angesteuert und damit ein Film belichtet, der anschließend noch fixiert wurde. Es konnten große Distanzen überbrückt werden. Dokumentiert ist z.B. in 1906 die Übermittlung eines Portraits vom deutschen Kronprinzen Wilhelm über eine Strecke von 1.800 km. Das Selen-Element, welches für die Bildaufnahme eingesetzt wurde, reagierte jedoch extrem träge. Wollte man eine hinreichende Schärfe des Bildes erreichen, so dauerte dessen Übertragung mehr als 30 Minuten. In den 1920er Jahren auch von Polizeidienststellen verwendet, wurden mithilfe dieser Technik z.B. Fahndungsfotos verbreitet. Auch wenn das System verhältnismäßig störungsfrei arbeitete, gemessen an heutigen Maßstäben war die Bildqualität eher schwach. Allerdings wurden hier bereits wichtige Grundlagen für die spätere Fernsehtechnik geschaffen.

 

1929 entwickelte der deutsche Diplomingenieur Rudolf Hell (*1901 †2002) den “Hellschreiber“, ein neuartiges Fernschreibgerät, welches selbst mit den komplexen asiatischen Schriftzeichen zurechtkam. Im selben Jahr gründete er zur Produktion einen Betrieb in Neubabelsberg, der aber schnell wuchs und schon 1931 nach Berlin-Dahlem umzog. Ein Novum war die Zerlegung beliebiger Schriftzeichen in ein Raster aus 49 Bildpunkten. Grautöne gab es nicht, so genügte für die anschließende (quasi digitale) Übertragung jedes einzelnen Bildpunktes eine einfache Modulation:  Signal = Schwarz / kein Signal = Weiß.

 

Sein Betrieb wurde im Krieg vollkommen zerstört und die noch brauchbaren Reste als Reparationsgut ins Ausland geschafft. So baute Rudolf Hell alles mit ein paar Mitarbeitern ab 1947 in Kiel neu auf. Auf der Grundlage seines "Hellschreibers", jedoch mit wesentlich verfeinertem Raster, lieferte er ab 1950 zunächst Großgeräte für die Bildübertragungsstellen der Deutschen Bundespost (F-Serie) und wurde aufgrund der exzellenten Bildqualität schnell zum Marktführer. Einige Jahre später entwickelte man auch kompaktere Geräte (C-Serie). 1955 entstand, zunächst nur zur Analyse der Marktreife, das weltweit erste Bürofax-Gerät (Hell-Fax KF106). Bereits ein Jahr später erschien ein verbessertes Modell (KF108). Bei beiden Geräten wurde die Original-Vorlage mit einem stark gebündelten Lichtstrahl von oben beleuchtet und die Reflexion mittels einer schnellen Cäsium-Fotozelle vom Typ FZ 9011G (AEG) detektiert. Diese Spannung musste anschließend nur noch verstärkt werden. Beim Empfangsgerät wurde ein permanent eingefärbtes Schreibrädchen an den schwarzen Stellen von einem Elektromagneten auf normales Schreibpapier gedrückt. Die Fernkopie kam dem Original sehr nahe, denn jeder cm² setzte sich aus 2.500 Bildpunkten zusammen, von denen immerhin 1.250 in nur einer Sekunde zu Papier gebracht werden konnten.

Das Gerät war mit neun Longlive-Radioröhren bestückt; es konnte senden und empfangen. Wurden zwei korrespondierende Geräte innerhalb des deutschen 50Hz-Verbundnetzes betrieben, so reichten die verwendeten Synchronmotore für den erforderlichen ’Gleichtakt’ aus. War dies einmal nicht der Fall, so konnten Synchronisierzusätze zum Einsatz kommen. Für die Verwendung im außereuropäischen Ausland wurden später auch 60Hz-Versionen gefertigt.

Ende 1958 erfolgte die Zulassung der Geräte für das deutsche Fernmeldenetz. Das Kieler Werk hätte fortan die vom Markt angefragten Stückzahlen nicht liefern können. Einmal mehr sprang die Firma Siemens als Lizenznehmer ein.

Obwohl die Dr.-Ing. Rudolf Hell KG auch sehr erfolgreich in der Bildverarbeitung für die Zeitungsverlage tätig war und in Kiel bereits drei Werke besaß, ist die Firma inzwischen Geschichte. Schon seit 1931 im Besitz der Lizenzrechte am “Hellschreiber“, übernahm Siemens ab 1971 sukzessive die Mehrheit am daraufhin in eine GmbH umgewandelten Unternehmen und im Jahre 1981 schließlich den gesamten Geschäftsbetrieb. Nach einigen Firmenübernahmen verschwand in 1990 der Name Hell, zumindest als eigenständige Marke, endgültig aus der Firmenlandschaft.

 

1978/79 hatte die Deutsche Bundespost den Faxdienst für jedermann eingeführt. Renommierte Hersteller, vor allem jene aus Fernost, produzierten nun auch Faxgeräte, die es in vielen Preisklassen gab. Mitte der 1990er Jahre besaßen in Deutschland schon mehr als eineinhalb Millionen Teilnehmer ein “Fax“. Als man schließlich auch bei diesen Geräten anstelle der teuren Thermopapierrollen normales A4-Schreibpapier verwenden konnte, gab dies der Nachfrage noch einmal einen weiteren Schub. In unseren Tagen, mit weltweitem eMail-Verkehr und erschwinglichen Flachbettscannern, hat der Faxversand allerdings stark an Bedeutung verloren. Auf der anderen Seite besitzt ein Fax, wie auch ein Telex, als Beweismittel Rechtssicherheit.

 

 

Bezeichnet man das Siemens-Hell-Fax KF108 heute als "Urahn aller Faxgeräte", so liegt man damit nicht falsch. Neben einer größeren Auswahl späterer Modelle kann man eiHellfaxn solches auch in unserer Ausstellung sehen. Nun waren es zwar nicht die ersten Geräte, die eine Fernkopie von Dokumenten möglich machten, aber sie waren erstmals bürotauglich und zumindest für ein Unternehmen bezahlbar. Die genaue Zahl produzierter Geräte dieses Typs ist nicht bekannt, aber es verkaufte sich gut und so mögen es wohl einige Tausend Stück gewesen sein. Die Geräte arbeiteten zunächst nur untereinander, denn einen weltweiten Übertragungsstandard gab es noch nicht. Auch war nur das Kleinformat A5 möglich, es konnte aber einfaches Schreibpapier verwendet werden. Die Übertragungszeit betrug etwa dreieinhalb Minuten. Mit diversen Zusatzgeräten war es sogar möglich, im damaligen (handvermittelten) A-Netz mobil zu faxen. Unsere beiden KF108 sind bereits mit dem Schriftzug 'Siemens' gelabelt, stammen aus der Serie der ersten 300 Stück und wurden parallel zu einem normalen Telefonanschluss betrieben. Sie arbeiten mit einer amplitudenmodulierten Trägerfrequenz von 1500 Hz. Jedes der Geräte wiegt stolze 17 kg. 

 
















 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Viele Menschen sehen das KF108 als bedeutendsten Meilenstein in der Historie der Faksimile-Technik.

                                                                © Text und Bild:  Bodo Krüger (4/2023)


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